Marokko - Sprachen

Sprachen

Eines habe ich gelernt - mit klassischem Arabisch und auch mit Französisch kommt man nicht weit.

Gesprochen wird vor allem das Marokkanisch-Arabisch, auch ad-Dariga genannt, und die Berbersprache, das Tamazight. In Wikipedia gibt es noch andere Bezeichnungen. Nichts desto trotz hat die Berbersprache grundlegend dieselben Wurzeln und die Berber verstehen sich untereinander immer. Es gibt einzelne Abweichungen je nach Region, so wie überall Dialekte regional unterschiedlich gewachsen sind. Ich erinnere mich an die Unterschiede der Schweizer Sprache in jedem Kanton. Trotzdem verstehen sich alle Schweizer (bis auf die Walliser vielleicht ;-)).

Die offiziellen Landes- und Behördensprachen sind Französisch und das klassiche Arabisch. Beides wird in den Schulen gelehrt. Beides findet man auf den Ortsschildern. Ob es mit der alten Besatzungsmacht zu tun hat, dass die wenigsten Marokkaner Französisch mögen? Wer weiss. Ich konnte zwar ab und zu ein paar Brocken Französisch sprechen (meist verfügten nur die Polizisten über einen guten Wortschatz ;-)), aber die meisten Marokkaner schwenkten sehr schnell zum Englischen oder sogar zum Deutschen über.

Eine dritte Schriftart findet man auf den meisten Schildern: Die Berberschrift (seit 2011 eine dritte offizielle Landessprache). Nur leider wird sie nicht flächendeckend gelehrt. Die Schulkinder werden aber wohl aufgefordert, es sich selbst anzueignen. Schade, denn die verwendete Tifinagh-Schrift zeugt von einer uralten Kultur, die noch vor der Einwanderung der Araber und der Islamisierung (7. Jahrhundert) existierte. Dem Namen nach vermutet man eine Ableitung vom Phönizischen. Wie war das noch mit den Phöniziern, die bereits in Essouira/Magador Purpurschnecken gezüchtet hatten?  

Die Tifinagh Schrift

Aus Wikipedia: "Die aus der vorkolonialen Zeit bekannten Texte bestehen meistens nur aus kurzen Inschriften auf Felsen (Namen oder Mitteilungen) und Namen und formelhaften Segenssprüchen auf Lederamuletten oder Schmuckstücken. Besonders die Klingen der Takouba-Schwerter waren oft mit Tifinagh-Zeichen verziert, die dem Krieger Glück bringen sollten. In Marokko werden Tifinagh-Zeichen traditionell zu magischen Zwecken mit Henna oder anderen Farbstoffen auf die Haut gemalt. Bei Neugeborenen sollen sie böse Geister und missgünstige Menschen bzw. deren „böses Auge" unschädlich machen."

Auch heute noch wird diese Schrift für Magie verwendet. So stösst man gelegentlich auf vergrabene Fotos oder persönliche Gegenstände mit diesen Schriftzeichen, die entweder böse Zauber oder auch gute bewirken sollen. Offiziell ist das natürlich verboten.

Mich erinnert es an unsere germanischen/keltischen Runen, die sowohl als Schriftzeichen, aber ebenfalls für Magie genutzt werden und wurden.

Marokko - Gesellschaftliches

Gesellschaftliches

Fast jeder jüngere Marokkaner und viele jüngere Marokkanerinnen haben mittlerweile ein Handy bzw. Smartphone. Die Informationsflut des Westens hat Nordafrika erreicht. Wissen ist zugänglich geworden. Und Konsumangebote. Aber natürlich auch der Religion entgegenstehende Visualisierungen von Nacktheit und Sexualität. Die Social Media verbinden, schaffen neue Kommunikationskanäle auch zwischen Mann und Frau, führen aber andererseits dazu, dass viele Marokkaner vermehrt versuchen, westliche Frauen zu finden. Mehr und mehr Männer fürchten sich vor der traditionellen Rolle des Versorgers und vermeiden es, eine Frau aus den eigenen Reihen zu wählen. Zudem diese oft noch traditionell auf ihre Existenz als Frau und Mutter vorbereitet wird. Trotz Bildungsangeboten muss sie heiraten, um nicht die Ehre der Familie zu gefährden.

Die Berber-Hochzeit

Ich durfte die Fotos und Videos der Berber-Hochzeit von Mohas Schwester sehen. Ich wusste bereits aus dem Fernsehen, dass Hochzeiten im arabischen Umfeld oft tagelang andauern. Es wird gegessen, getanzt, und geschenkt. Aber hier bekam ich auch Einblick in die Pracht. Die Braut wird mit Henna an Füssen, Beinen, Armen und Händen aufwendig tätowiert. Sie wird festlich eingekleidet und trägt zu jeder Zeremonie ein anderes Gewand. Es gibt feste Rituale, wann wer wo zusammensitzt, wer Geschenke überreicht, was geräuchert wird, wo gegessen und getanzt wird. Am ersten Tag findet die Festlichkeit beim Brautvater statt. Er ist verantwortlich für die Location, für die Musik, fürs Essen. Nachbarn sind wie die ganze Sippe willkommen und eingeladen. Danach wird beim Bräutigam gefeiert. Am Schluss wird die Braut in einer Sänfte von Familienangehörigen zum Bräutigam getragen. Nicht bis zur Haustür - das wird heute mit dem Auto, und in diesem Fall in der Wüste mit einem Jeep - durchgeführt. Ab jetzt gehören sie zusammen. 

Kinder und Ehe

Laut des Propheten dürfe man mehrere, am idealsten vier Frauen haben. Das wird allerdings nicht praktiziert, da auch die Auflage besteht, dass alle Frauen gleichermassen berücksichtigt und versorgt werden müssten. Und das Versorgen der Frau(en) und natürlich der Kinder obliegt auch heute noch dem Mann. Es gibt keine Rentenversicherung. Also bleibt einem Ehepaar nur übrig, viele Kinder zu zeugen. Als Konsequenz daraus ist wohl auch der zu unserer Kultur so gegensätzliche grosse Familienzusammenhalt zu verstehen. Die gesamte Sippschaft steht hier in der Verantwortung. Die Erziehung der Kinder ist ebenfalls sehr konträr zu unserer heutigen. Als ich Moha erzählte, dass Schläge mittlerweile in Deutschland verboten sind und mindestens das Jugendamt eingeschaltet wird, war er sehr erstaunt. Schläge sind in Marokko selbstverständlich.

Marokko - Die Religion

Die Religion und ihre Rolle in unserem Reise-Alltag

​Moha hat mir gleich zu Anfang einen Einblick gewähren wollen. Natürlich bin ich als Deutsche voreingenommen, habe ich doch im Laufe der Jahre viele Vorurteile verinnerlicht. Unbewusst. Was mich heute vor allem versöhnt hat: Die Toleranz und Mitmenschlichkeit, die ich erleben durfte. Ein herer Grundsatz ihrer Religion. Und... Sie wird von vielen praktiziert. Es ist selbstverständlich zu teilen - vor allem mit armen Menschen und Bettlern. Moha gab so oft, wo ich als ständig "gefühlt von Bettlern genötigte" ehemalige Berlinerin automatisch auf Verweigerung umstellte. Auch die Gastfreundschaft ist grandios. Ich war beschämt.

Die Religion bietet Halt durch Festhalten an alten Traditionen. Ein Gegengewicht zur Moderne. Und gleichzeitig eine Bestätigung erneuter westlicher "Entdeckungen", die im Trend liegen, wie Fasten, Yoga und Meditation. Das Fasten während des Ramadans, fünf Mal am Tag Beten mit entsprechenden Bewegungen und dabei noch Demut üben - bewährte uralte Mittel zur "Erdung", zur Bewältigung des Alltags und Vermeidung von Lebenskrisen. Das Leben(-dürfen) von Spiritualität und der Glaube an einen höheren Sinn gibt Trost - etwas, was unserer modernen Welt teilweise abhanden gekommen ist.

Moha hat sich wenn möglich immer an die Zeiten zum Beten gehalten. Entweder in einem etwas abgeschiedenen Raum, hier musste allerdings die Himmelsrichtung vorher bestimmt werden, oder in einer Moschee. Moscheen gibt es fast überall. Selbst an Tankstellen. Teilweise stehen sie sogar alleine auf weiter Flur - ohne Ort. Ich hörte das erste Mal den Muezzin rufen und erinnerte mich an das Minarette-Verbot in der Schweiz, das in ganz Europa für Aufsehen sorgte. Dazu habe ich keine Meinung, da ich zwar Intoleranz ablehne, ich aber auch verstehe, dass Kulturen - egal welche - ihre eigenen Werte erhalten möchten. In der Schweiz sind es dafür die riesigen, lauten Kuhglocken (die übrigens noch bei Hochzeiten traditionell von starken Männern geschwungen werden) oder die Kirchenglocken, die im Viertelstunden-Takt ertönen. Auch diese schaffen es gelegentlich, mich aus dem Schlaf zu reissen, vor allem bei 12 Glockenschlägen um Mitternacht.

Ich lernte, dass es auch Ausnahmen beim Beten gibt. Zum Beispiel muss man auf Reisen nicht beten. Oder, wenn man wirklich nicht dazu kommt, kann man abends entsprechend länger beten, um wieder auf sein Soll zu kommen. Also doch alltagstauglich, wenn man zum Beispiel den ganzen Tag arbeiten muss. :-)

Ein Lieblingsausdruck von Moha ist Inshallah - So Gott will. Ich mag es.

 

Marokko - Was ist HARAM

Ein Wort, das uns Europäern dann notgedrungen auch immer wieder begegnet, wenn wir mit der islamischen Welt in Berührung kommen, ist: HARAM

 Haram steht für ein Tabu. Etwas Schlechtes/Böses. Eine Sünde. Und haram sind viele von uns im Westen ganz normal praktizierte Verhaltensweisen. Das bekannteste ist wohl Alkohol trinken. Aber was ich gelernt habe, ist, dass alle Substanzen haram sind, die den Geisteszustand verändern können, süchtig machen und gefährlich sind. Und ein solches Verbot macht ja eigentlich auch Sinn. Wir wissen ja, was Alkohol und Drogen anrichten können. An sich finde ich das Tabu hier gar nicht schlecht. Die Muslime, die sich daran halten, fahren bestimmt besser. Ausserdem sind es meist Hitzköpfe. Wer weiss - vielleicht bestünde deren Gesellschaft dann nur noch aus "Mord und Totschlag"? Zumindest gibt es weniger Alkoholkranke als bei uns. Beim berühmten Haschisch-Pfeiffchen scheiden sich da allerdings die Geister. Vielleicht, weil ein normaler Konsum beruhigt? Die Hanf-Pflanze eigentlich eine uralte Heilpflanze ist? Sie Schmerzen lindern kann? Es ist zumindest eine Grauzone in der Welt des Haram.

Kommen wir zum Schweinefleisch. Schweine werden schlicht als unrein betrachtet. Meines Wissens sind Schweine die einzigen Säugetiere, die wir essen, die auch "uns" essen würden - also Allesfresser sind. Oder Aasfresser. In gewisser Weise sind sie also wirklich unrein. Ich wüsste nicht, dass wir sonst irgendwelche Aasfresser essen - ausser in Notsituationen. Und dass Pflanzenfresser gesünder sind, ist glaube ich einleuchtend. Und wenn wir einmal mehr wieder in die Naturgesetze eingreifen, wie bei der Ernährung von Kühen - als wir auf die Idee kamen Tiermehl Pflanzenfressern zu verfüttern - entstehen so ungesunde Effekte wie BSE und die Kreuzfeld-Jakob-Krankheit, die durch tote Schafe, die mit dem Scrapie-Erreger infiziert waren, hervorgerufen wurden. Ich persönlich habe mich ebenfalls vom Schweinefleisch abgewendet. Jedoch nicht, weil ich es nicht mag - als Deutsche wird uns das Schweinefleisch ja geradezu in die Wiege gelegt - zumindest in meiner Generation noch - sondern weil ich die unwürdige Massentierhaltung generell ablehne und es nicht mit meinem Konsum unterstützen möchte, dass weiterhin Tiere als Produktions- bzw. Industriefaktor gesehen werden. Und da ich sowieso mittlerweile Lamm und Rind bevorzuge und diese auch einfacher beim Biobauer bekomme, fällt es mir nicht schwer, darauf zu verzichten.  Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Schweinefleisch verdirbt bei Hitze am schnellsten. Und es ist heiss - zumindest in den meisten islamisch geprägten Staaten.

Ausserdem sind Kredite haram. Das hat mich wirklich überrascht. Und ich finde es spannend. Schliesslich machen Schulden sehr unfrei. Man gerät schnell unter Druck und kann dadurch sicher auch krank werden.

Marokko - Islam - Die Waschung

Ein wichtiges Ritual, wenn man etwas falsch gemacht hat. Wie bei uns damals das Beichten? Oder einen Ablass zahlen? Interessante Parallelen! Zum Thema Waschung habe ich folgenden Artikel im Internet gefunden:

Quelle: https://de.wikibooks.org/wiki/Islam:_Die_Gebetswaschung

Vor dem Gebet, dem Lesen aus dem Koran und jeder anderen gottesdienstlichen Handlung soll ein Muslim eine rituelle Waschung vollziehen. Diese Waschung wird auf Arabisch "wudu" genannt.

Die Gültigkeit der Gebetswaschung geht verloren durch:

  • die Benutzung der Toilette
  • Schlafen
  • das Austreten von Blut, Eiter oder anderen Körperflüssigkeiten
  • durch das Schnäuzen mit der rechten Hand
  • durch unreine Handlungen (nach dem Geschlechtsverkehr/Masturbation ist jedoch eine rituelle Ganzwaschung erforderlich)

 

Tritt einer dieser Zustände auf, muss die Gebetswaschung wiederholt werden…

Wie vollzieht man die Gebetswaschung?

Zuerst wird im Herzen die Absicht formuliert, die Gebetswaschung durchzuführen. Anschließend werden die Worte „Bismillahir-rahmanir-rahiym" (Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Allerbarmers) gesprochen.

Dann werden folgende Körperteile gewaschen:

  1. Hände (3 x, rechts beginnend, bis zu den Handgelenken, und zwischen den Fingern)
  2. Mund (mit der rechten Hand den Mund 3 x ausspülen)
  3. Nase (mit der rechten Hand Wasser aufnehmen und durch die Nase ziehen, anschließend das Naseninnere mit den Fingern der linken Hand säubern. Das Ganze wieder 3 x)
  4. Gesicht (3 x von Oben nach Unten und von der Mitte zu den Seiten)
  5. Unterarme (3 x bis über den Ellenbogen)
  6. Kopf (das vordere Drittel des Kopfes, vom Haaransatz ausgehend, benetzen)
  7. Ohren (mit Daumen und Zeigefinger das Ohr vorne und hinten säubern)
  8. Füße (rechts beginnen, mit dem kleinen Finger der linken Hand die Zehenzwischenräume säubern, auf beiden Seiten dabei von rechts nach links vorgehen. Anschließend 3 mal die Oberseite und dann die Unterseite des Fußes bis zu den Knöcheln mit Wasser bestreichen.)


Die aufgezählten Körperteile müssen vollständig mit Wasser benetzt werden. Ohrringe und Schmuck sowie Nagellack müssen zuvor entfernt werden

 

Marokko - das herzlichste Willkommen, da ich je erlebt habe

Erzählung aus meinem Reisetagebuch
03.05.2022
Monika Elsen

Heute beginnt meine geführte 'Land-und-Leute-Kennenlernen'-Tour.

Der Tag beginnt mit einem gemütlichen Frühstück und den ersten Eindrücken von dem schönen, orientalischen Hotel und den direkt angrenzenden Sanddünen. Es sind etwa 25 Grad und der leichte Wind ist perfekt, für mich alten Nordländer....

Das Frühstück besteht aus Oliven, verschiedenen Broten, einer Art Rührei mit Tomate (in der Tajine), gekochten Eiern und vielen verschiedenen Kuchen. Dazu der obligatorische Tee. Und das Beste! Frisch gepresster Orangensaft.

Mittags fahren wir zur Familie meines Führers. Ich bin zum Mittagessen eingeladen. Schließlich ist meine Reiseabsicht - wie Moha weiß - Land UND Leute kennen zu lernen. Und er organisiert alles für mich. Es gibt eine Art Reis-Thunfisch-Salat, Tomatensalat mit Zwiebeln und ... Tajine. Diesmal mit Huhn, Kartoffeln und viel Gemüse. Es schmeckt fantastisch.

Ich werde so herzlich empfangen!!! Das hatte ich wirklich nicht erwartet. Sie nehmen mich fast wie ein Familienmitglied auf! Die älteste Tochter Khadija kommt extra zu Besuch, um mich kennenzulernen.

Moha, mein Führer, hat mir eine Hose, ein Oberteil und ein Kopftuch besorgt und mir als Willkommensgeschenk übergeben. Ich sollte wenigstens einmal wie eine Berberin aussehen.

Khadija malt ein Kunstwerk auf meine Hände. Mit Henna. Und sie bindet mir das Kopftuch um. Sie sagt, dass ich jetzt schön bin...