Marokko - Die Religion

Die Religion und ihre Rolle in unserem Reise-Alltag

​Moha hat mir gleich zu Anfang einen Einblick gewähren wollen. Natürlich bin ich als Deutsche voreingenommen, habe ich doch im Laufe der Jahre viele Vorurteile verinnerlicht. Unbewusst. Was mich heute vor allem versöhnt hat: Die Toleranz und Mitmenschlichkeit, die ich erleben durfte. Ein herer Grundsatz ihrer Religion. Und... Sie wird von vielen praktiziert. Es ist selbstverständlich zu teilen - vor allem mit armen Menschen und Bettlern. Moha gab so oft, wo ich als ständig "gefühlt von Bettlern genötigte" ehemalige Berlinerin automatisch auf Verweigerung umstellte. Auch die Gastfreundschaft ist grandios. Ich war beschämt.

Die Religion bietet Halt durch Festhalten an alten Traditionen. Ein Gegengewicht zur Moderne. Und gleichzeitig eine Bestätigung erneuter westlicher "Entdeckungen", die im Trend liegen, wie Fasten, Yoga und Meditation. Das Fasten während des Ramadans, fünf Mal am Tag Beten mit entsprechenden Bewegungen und dabei noch Demut üben - bewährte uralte Mittel zur "Erdung", zur Bewältigung des Alltags und Vermeidung von Lebenskrisen. Das Leben(-dürfen) von Spiritualität und der Glaube an einen höheren Sinn gibt Trost - etwas, was unserer modernen Welt teilweise abhanden gekommen ist.

Moha hat sich wenn möglich immer an die Zeiten zum Beten gehalten. Entweder in einem etwas abgeschiedenen Raum, hier musste allerdings die Himmelsrichtung vorher bestimmt werden, oder in einer Moschee. Moscheen gibt es fast überall. Selbst an Tankstellen. Teilweise stehen sie sogar alleine auf weiter Flur - ohne Ort. Ich hörte das erste Mal den Muezzin rufen und erinnerte mich an das Minarette-Verbot in der Schweiz, das in ganz Europa für Aufsehen sorgte. Dazu habe ich keine Meinung, da ich zwar Intoleranz ablehne, ich aber auch verstehe, dass Kulturen - egal welche - ihre eigenen Werte erhalten möchten. In der Schweiz sind es dafür die riesigen, lauten Kuhglocken (die übrigens noch bei Hochzeiten traditionell von starken Männern geschwungen werden) oder die Kirchenglocken, die im Viertelstunden-Takt ertönen. Auch diese schaffen es gelegentlich, mich aus dem Schlaf zu reissen, vor allem bei 12 Glockenschlägen um Mitternacht.

Ich lernte, dass es auch Ausnahmen beim Beten gibt. Zum Beispiel muss man auf Reisen nicht beten. Oder, wenn man wirklich nicht dazu kommt, kann man abends entsprechend länger beten, um wieder auf sein Soll zu kommen. Also doch alltagstauglich, wenn man zum Beispiel den ganzen Tag arbeiten muss. :-)

Ein Lieblingsausdruck von Moha ist Inshallah - So Gott will. Ich mag es.