Marokko - Gesellschaftliches

Gesellschaftliches

Fast jeder jüngere Marokkaner und viele jüngere Marokkanerinnen haben mittlerweile ein Handy bzw. Smartphone. Die Informationsflut des Westens hat Nordafrika erreicht. Wissen ist zugänglich geworden. Und Konsumangebote. Aber natürlich auch der Religion entgegenstehende Visualisierungen von Nacktheit und Sexualität. Die Social Media verbinden, schaffen neue Kommunikationskanäle auch zwischen Mann und Frau, führen aber andererseits dazu, dass viele Marokkaner vermehrt versuchen, westliche Frauen zu finden. Mehr und mehr Männer fürchten sich vor der traditionellen Rolle des Versorgers und vermeiden es, eine Frau aus den eigenen Reihen zu wählen. Zudem diese oft noch traditionell auf ihre Existenz als Frau und Mutter vorbereitet wird. Trotz Bildungsangeboten muss sie heiraten, um nicht die Ehre der Familie zu gefährden.

Die Berber-Hochzeit

Ich durfte die Fotos und Videos der Berber-Hochzeit von Mohas Schwester sehen. Ich wusste bereits aus dem Fernsehen, dass Hochzeiten im arabischen Umfeld oft tagelang andauern. Es wird gegessen, getanzt, und geschenkt. Aber hier bekam ich auch Einblick in die Pracht. Die Braut wird mit Henna an Füssen, Beinen, Armen und Händen aufwendig tätowiert. Sie wird festlich eingekleidet und trägt zu jeder Zeremonie ein anderes Gewand. Es gibt feste Rituale, wann wer wo zusammensitzt, wer Geschenke überreicht, was geräuchert wird, wo gegessen und getanzt wird. Am ersten Tag findet die Festlichkeit beim Brautvater statt. Er ist verantwortlich für die Location, für die Musik, fürs Essen. Nachbarn sind wie die ganze Sippe willkommen und eingeladen. Danach wird beim Bräutigam gefeiert. Am Schluss wird die Braut in einer Sänfte von Familienangehörigen zum Bräutigam getragen. Nicht bis zur Haustür - das wird heute mit dem Auto, und in diesem Fall in der Wüste mit einem Jeep - durchgeführt. Ab jetzt gehören sie zusammen. 

Kinder und Ehe

Laut des Propheten dürfe man mehrere, am idealsten vier Frauen haben. Das wird allerdings nicht praktiziert, da auch die Auflage besteht, dass alle Frauen gleichermassen berücksichtigt und versorgt werden müssten. Und das Versorgen der Frau(en) und natürlich der Kinder obliegt auch heute noch dem Mann. Es gibt keine Rentenversicherung. Also bleibt einem Ehepaar nur übrig, viele Kinder zu zeugen. Als Konsequenz daraus ist wohl auch der zu unserer Kultur so gegensätzliche grosse Familienzusammenhalt zu verstehen. Die gesamte Sippschaft steht hier in der Verantwortung. Die Erziehung der Kinder ist ebenfalls sehr konträr zu unserer heutigen. Als ich Moha erzählte, dass Schläge mittlerweile in Deutschland verboten sind und mindestens das Jugendamt eingeschaltet wird, war er sehr erstaunt. Schläge sind in Marokko selbstverständlich.